Unterstützung und Dokumentation

 

der Wiederansiedlung des Wiedehopfes in Ostfriesland

 

 

 In Niedersachsen galt der Wiedehopf (Upupa epops) lange als ausgestorben. 1980 – 1985 siedelte die Art in Niedersachsen nur noch an einigen Stellen im Wendland und an einem Ort in der Lüneburger Heide. 1994 gab es eine Brut auf dem Truppenübungsplatz Munster und zwischen 2005 und 2008 wurde nur noch eine Brut aus dem Wendland bekannt.

 

 

Wiedehopfpärchen an natürlicher Nisthöhle in einer Streuobstwiese

(Foto: Thomas Krumenacker)

 

 

Umso erstaunlicher ist es daher, dass 2013 und 2014 ein Wiedehopf-Männchen in Wiesens / Ostfriesland über zwei Sommer ein Revier innehatte. Thorsten Krüger von der Staatl. Vogelschutzwarte und Matthias Bergmann berichteten 2014 über diese ersten Brutzeitvorkommen in den "Vogelkundlichen Berichten aus Niedersachsen". Da das Wiedehopf-Männchen auch 2015 diesen Standort wieder besiedelte und im Frühjahr 2016 sogar noch weitere Meldungen über Wiedehopf-Beobachtungen eintrafen, riefen die beiden Autoren in der Presse zu weiteren Meldungen auf. Die Resonanz war überwältigend: Mehr als 10 gesicherte Beobachtungen wurden gemeldet, teilweise sogar mit Fotobelegen. Dabei zeigte sich, dass der Wiedehopf anscheinend seit einigen Jahren in der Wallheckenlandschaft rund um Aurich und insbesondere im Bereich zwischen Wiesens und Großefehn gesehen und gehört wurde. Mit Unterstützung einiger Anwohner und örtlichen Ornithologen wurde der Bereich 2016 näher untersucht und dabei sicher mind. zwei Reviere in Wiesens und Holtrop festgestellt. Da der Wiedehopf sehr große Reviere von 100 ha und mehr besetzt sowie außerordentlich scheu ist (obgleich er auch in der Nähe menschlicher Siedlungen brütet), war es leider aufgrund mangelnder Zeit nicht möglich, die genauen Brutstandorte ausfindig zu machen.

Als Bruthabitat bevorzugt der Wiedehopf offene Landschaften „in warm-trockenen Klimaten bzw. entsprechender Exposition, in denen sowohl geeignete Strukturen für Bruthöhlen sorgen als auch kurze bzw. schüttere Pflanzendecke erfolgreiche Bodenjagd gestattet. Weicher vegetationsarmer Boden wird zur Nahrungssuche bevorzugt; er kann jedoch durchaus hart und steinig sein, wenn Steinhaufen, Geröll, Bodenspalten, kleine Erdlöcher, Dung von Weidevieh und andere Kleinstrukturen den Nahrungserwerb sichern. Die besiedelten Habitattypen reichen von lockeren, lichtungsreichen Waldflächen (z.B. trockenen Kiefernwäldern, lichten Auen) bis zu baumlosen Steppenlandschaften, in denen Fels- und Mauerspalten, Erdlöcher usw. Bruthöhlen bieten. Typische Brutbiotope sind offene Park- und Auenlandschaften, aber auch Obst-, Wein- und Olivenanlagen, Korkeichenbestände oder Weide-, Garten- und Ackerlandschaften mit nicht allzu intensiver Bodennutzung bzw. kurzrasiger Vegetation und ausreichendem Angebot an Großinsekten und deren Larven. In baumarmen Landschaften Bindung der Brutplätze häufig an menschliche Siedlungen, Viehställe, Scheunen und dgl.; Weideviehhaltung erhöht das Nahrungsangebot“ (v. Blotzheim 1994).

Demnach kann die ostfriesische Wallheckenlandschaft auch heute noch die Habitatansprüche des Wiedehopfes erfüllen, trotz auch hier zunehmender Nutzungsintensivierung und vermehrtem Maisanbau. Die parkartige Wallheckenlandschaft passt von der Struktur in das Habitatschema des Wiedehopfes und das Höhlenangebot dürfte auch durch die Zunahme des Grünspechtes ausreichend sein. Offensichtlich reichte dem Wiedehopf in Wiesens auch das vorhandene Nahrungsangebot. „Bevorzugt werden größere Wirbellose, meist Insekten und deren Larven und Puppen; daneben werden Spinnen, Asseln, Hundert- und Tausendfüßler, Regenwürmer und Schnecken, sehr vereinzelt Frösche, nicht so selten Eidechsen (…), ausnahmsweise auch Vogeleier (…) verzehrt und an die Jungen verfüttert“ (v. Blotzheim 1994). Da das Nahrungsspektrum des Wiedehopfes relativ breit gefächert ist, dürfte er in der strukturreichen Wallheckenlandschaft mit noch verbreiteter Weidehaltung auch genügend Futter finden. Dazu kommt er bis in die dörflichen Gärten hinein, wo er gezielt die hier häufigen Rasenflächen aufsucht. Möglicherweise bieten die Nester der Roten Waldameise dem Wiedehopf z.B. in Schlechtwettersituationen eine sichere Nahrungsquelle. Da die Maisäcker erst Anfang Mai eingesät werden, bieten sie dem Wiedehopf während der Brutzeit zumindest bis Ende Mai offene Sandböden.

 

Der Wiedehopf ist in Ostfriesland und Oldenburg heute ein seltener unregelmäßiger Durchzügler. Brutnachweise aus dem 20. Jhdt. sind hingegen nicht bekannt. Früher scheint er hingegen nicht selten gewesen zu sein, denn Ubbius (1530) führt ihn unter den vielen für Speisezwecke gefangenen Vogelarten an. Droste (1869) nannte ihn für Borkum selten „im Mai und Anfang Juni in der Umgebung des Dorfes“.

Sanders (1993) hat für den Wiedehopf folgende plattdeutsche Namen gefunden: Fuulpuup, Stinkvögel und Bubbelkopp. Das es allein drei verschiedene Namen gibt, deutet auf eine ursprünglich doch größere Verbreitung des Wiedehopfs in Ostfriesland hin. Allein die ersten beiden Bezeichnungen sind auf die Verteidigungsstrategie des Wiedehopfs zurückzuführen, Feinde am Nest durch stinkenden Kot zu vertreiben. Demnach müssen auch brütende Wiedehopfe beobachtet worden sein.

 

Es zeigt sich somit, dass der Wiedehopf in der Wallheckenlandschaft geeignete Bruthabitate finden kann. Die in den letzten Jahren in diesen Gebieten neu angelegten Streuobstwiesen verbessern die potentiellen Lebensbedingungen deutlich. Ein wesentlicher Engpass wird der Mangel an geeigneten Bruthöhlen darstellen, da natürliche Höhlen selten sind und der Wiedehopf hier in Konkurrenz zu anderen Höhlenbrütern, insbesondere dem Star, steht. Dennoch könnte die Zunahme des Grünspechtes in Ostfrieslands Wallheckenlandschaft ein wichtiger Wegbereiter für den Wiedehopf sein. Der Wiedehopf nimmt künstliche Höhlen gerne an, wobei insbesondere niedrig angebrachte Höhlen von Bedeutung sind, da andere Arten diese meiden. Der Wiedehopf kann jedoch mit seiner stinkenden Verteidigungsstrategie wirkungsvoll Feinde von diesen niedrigen Höhlen abhalten.

Fütternder Wiedehopf am Nistkasten (Foto: Dieter Sandvoss)
Fütternder Wiedehopf am Nistkasten (Foto: Dieter Sandvoss)

 

In Baden-Württemberg gelang es, mit künstlichen Bruthöhlen den Wiedehopf-Bestand deutlich zu steigern. Nach ersten Bruten des Wiedehopfes in der Vorbergzone des nördlichen Ortenaukreises im Jahr 2007 in Höhlen alter Obstbäume wurden hier in den nächsten Jahren über 60 spezielle Wiedehopf-Nistkästen und dazu 14 Niströhren für den Steinkauz montiert, in denen auch der Wiedehopf öfters brütete. Der Wiedehopf-Bestand stieg sehr rasch auf 16 Reviere im Jahr 2009 und 23 Reviere im folgenden Jahr. Die Siedlungsdichte erreichte mit 23 Revieren auf 17,3 km² einen hohen Wert. In diesem Gebiet wird fast flächendeckend Obstbau mit Kern-, Stein und Beerenobst betrieben. Die Grasflächen unter den Bäumen und Sträuchern werden niedrig gehalten und bieten so dem Wiedehopf günstige Nahrungshabitate.

Zur Förderung des Wiedehopfes ist eine langjährige Bestandsbeobachtung sinnvoll, insbesondere auch die Erfassung der Brutplätze. Dabei sollen in diesem Jahr an den im letzten Jahr bekannten Revieren 10 Nistkästen aufgestellt werden. Hierzu müssen geeignete Standorte gefunden und die Aufstellung der Kästen mit den jeweiligen Eigentümern der Flächen abgesprochen werden. Während der Brutperiode von Mitte April bis Ende Juni sollen die Wiedehopf-Reviere erfasst, die Brutplätze lokalisiert und der Bruterfolg dokumentiert werden. Hierzu sind pro Jahr etwa 30 Stunden für die Vorbereitung und Installation der Kästen erforderlich sowie mind. 5 Begehungen à 10 Std. für die Erfassung der Reviere und Bruterfolgskontrolle. Für weitere Fördermaßnahmen ist es zudem hilfreich, möglichst viele Beobachtungen von Nahrungsplätzen zu sammeln, damit zukünftig entsprechende Nahrungshabitate gestaltet und gepflegt werden können. Außerdem sollten die Ergebnisse jährlich dokumentiert werden.

Da nicht sicher ist, wie viele Brutreviere tatsächlich besetzt werden und wie viele Nistkästen angenommen werden, soll das Projekt zunächst auf drei Jahre beschränkt werden. Wünschenswert wäre bei entsprechenden Erfolgen eine Ausweitung und Fortsetzung des Projektes.

 

Einer unserer Nistkästen an einem Schuppen in Holtrop (3 Fotos: D. Wensel)
Einer unserer Nistkästen an einem Schuppen in Holtrop (3 Fotos: D. Wensel)

Wir als NABU-Ortsgruppe Wiesmoor-Großefehn werden ehrenamtlich die Organisation und Betreuung des Projektes übernehmen. Dazu gehört auch die Kontaktaufnahme mit potentiellen Grundstückseigentümern für die Nistkastenstandorte, die Produktion und Aufstellung der Nistkästen sowie die Mithilfe bei der Erfassung und Kontrolle des Brutbestandes. Aufgrund der Größe des Untersuchungsgebietes und des hierzu erforderlichen Arbeitsaufwandes möchten wir die Erfassung und Dokumentation des Wiedehopf-Brutbestandes mit professionellen Ornithologen durchführen. Für die entstehenden Kosten wurden Förderanträge bei der Irma-Waalkes-Stiftung und bei der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung beantragt.

Inzwischen haben beide Institutionen dankenswerterweise die Kostenübernahme zugesagt. Auch sind bereits die Nistkästen durch Schüler der KGS Wiesmoor, die für uns schon in der Vergangenheit z.B. ca. 200 Starenkästen gebaut haben, fertiggestellt und aufgehängt worden.

Nistkasten an einem alten Viehunterstand neben einer Streuobstwiese in Wiesens
Nistkasten an einem alten Viehunterstand neben einer Streuobstwiese in Wiesens
Unser Mitglied Jann Krämer bei der Arbeit
Unser Mitglied Jann Krämer bei der Arbeit

Projektbericht 2017:

Seit Anfang April wurden im Bereich Egels, Wiesens, Schirum und Holtrop insgesamt 15 Nistkästen angebracht (einer bestand bereits), außerdem noch fünf Kästen im Bereich Extum – Rahe. Von Mitte April bis Anfang Juli wurden dann regelmäßige Kartierungen insbesondere in dem Bereich Wiesens - Holtrop durchgeführt (erste Rufer in Wiesens am 9.4., in Holtrop am 4.4.). Es gab mehrfach zeitgleiche Beobachtungen von jeweils zwei rufenden Männchen, Ende Juni in Wiesens auch zweimal zwei rufende Männchen in direkter Nähe (Duettgesang). Eigene Beobachtungen eines Brutpaares gelangen nicht, auch konnte 2017 leider noch kein Brutnachweis geführt werden.  Einmal wurde Ende Juni in Wiesens ein Wiedehopf längere Zeit vor einem Kasten rufend beobachtet. Hier wurde dann auch eine Wildkamera zur Beobachtung aufgestellt, die jedoch keine weiteren Beobachtungen am Kasten festhalten konnte.

 

Wiedehopfkästen (rot) und Wiedehopfbeobachtungsorte (grün) 2017
Wiedehopfkästen (rot) und Wiedehopfbeobachtungsorte (grün) 2017

 

Bei den Kartierungen wurde das Gebiet meistens ab 5.30 – 6.00 Uhr bis mindestens ca. 9.00 Uhr erfasst. Rufende Wiedehopfe konnten in diesem Zeitraum sehr gut erfasst und verfolgt werden. Meistens wurde dabei zu zweit kartiert, teilweise auch zu dritt oder viert, um gleichzeitig rufende Männchen erfassen zu können. Schwerpunktmäßig wurde der Bereich südlich und westlich Holtrop untersucht. Auch hier gab es einmal zeitgleiche Rufer, so dass es mindestens zwei Reviere gab. Bei den Beobachtungen wechselte der rufende Wiedehopf regelmäßig seine Rufbäume (oft die höchsten Pappeln) und flog nicht selten mehrere hundert Meter weiter. Nicht rufende Wiedehopfe konnten nur sehr selten beobachtet werden, zumeist verschwanden die vormals rufenden Vögel plötzlich hinter der nächsten Wallhecke und waren nicht mehr aufzufinden.

Zusätzlich wurden in allen potentiellen Revieren intensiv nach besetzten Bruthöhlen gesucht, wobei die Anzahl der geeigneten Höhlen in den vielen alten Bäumen (zumeist Eichen), Starenkästen, Schuppen, Holzstapeln etc. sehr groß ist. Lediglich einmal gelang es, am 17.5. einen Wiedehopf aus einer Baumhöhle herausfliegen zu sehen. Diese war in einer Eiche in unmittelbarer Nähe eines Bio-Legehennenstalls südlich von Holtrop, wo der Wiedehopf regelmäßig beobachtet werden konnte. Im vermeindlichen Brutbaum wurde dann eine Wildkamera angebracht, die auf mehreren Bildern festhalten konnte, wie der Wiedehopf auch in den Folgetagen regelmäßig die Höhle auf-suchte und auch hineinging. Leider konnte kein Pärchen beobachtet werden und die Höhle wurde schließlich auch wieder aufgegeben, gleichwohl sich der Wiedehopf hier noch bis Ende Juni aufhielt. Leider konnte also keine Brut nachgewiesen werden. Trotzdem ist zu vermuten, dass der Wiedehopf insbesondere die offenen Flächen der großzügigen Auslaufbereiche der Legehennen zur Nahrungssuche nutzte. Hier wurden vor zwei Jahren gefördert durch die Bingo-Umweltstiftung ca. 200 Obstbaum-Hochstämme gepflanzt. Im Juni wurde hier ebenfalls noch ein Kasten aufgehängt.

Im Untersuchungsgebiet waren die Rufaktivitäten im April und Mai insbesondere bei Holtrop intensiver, während ab Mitte Juni insbesondere im Bereich Wiesens mehrere Rufer zu hören waren, an zwei Stellen auch jeweils zwei nebeneinander. Auch tauchten sie erstmals nördlich von Wiesens auf. Aufgrund des enormen Aktionsradius der Vögel, ist es nicht einfach Reviere abzugrenzen bzw. festzustellen, wie viele verschiedene Rufer vorhanden waren. Sicher ist, dass es mindestens zwei, wahrscheinlich drei rufende Männchen gab. Aufgrund der Entfernungen zwischen den Ruforten könnte man durchaus auch vier Reviere abgrenzen. Die abgegrenzten Reviere liegen sämtlich in der noch relativ engmaschigen Wallheckenlandschaft mit großen Überhältern (Eichen) und insgesamt noch zahlreichen Weideflächen. In allen Revieren und auch nördlich Wiesens am Waldrand befinden sich z.T. größere, sehr kurzrasige Pferdeweiden. Daneben gibt es überall zahlreiche Scherrasenflächen in den Gärten, aber auch an Straßenrändern und Sportflächen. In Wiesens konnten zweimal nahrungssuchende Vögel auf Rasenflächen beobachtet werden.

Jahreszeitliches Auftreten rufender Wiedehopfe: grün=April, gelb=Mai, rot=Juni und mögliche Reviere 2017
Jahreszeitliches Auftreten rufender Wiedehopfe: grün=April, gelb=Mai, rot=Juni und mögliche Reviere 2017

 

Da es nunmehr seit 2011 durchgehend Wiedehopf-Beobachtungen im Untersuchungsgebiet gibt und offensichtlich inzwischen mehrere Männchen sich während der gesamten Brutzeit hier aufhalten, sind unentdeckte Bruten wahrscheinlich. Es ist bekannt, dass sich der Wiedehof an seinen Bruthöhlen außerordentlich vorsichtig und scheu verhält. Bleibt zu hoffen, dass es in den beiden folgenden Jahren gelingt, wenn noch weitere Kästen aufgehängt werden, den ersten Brutnachweis des Wiedehopfes in Ostfriesland zu erbringen.

Bericht und Grafiken: Matthias Bergmann